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Wenn Hochsensible ihre Eltern pflegen

Herausforderungen, inneres Wachstum und neuer Frieden

Foto von jungen und alten Händen

Die Betreuung und Pflege der Eltern ist wohl für die meisten Menschen eine große Herausforderung. Rollen kehren sich um, man sieht sich mit dem Thema Krankheit, Tod und Sterblichkeit, mit Abschied und Trauer konfrontiert. Unbefriedete Konflikte treten an die Oberfläche, Intimitätsgrenzen verschieben sich und der Alltag steht Kopf. 

 

Für Hochsensible ist die Betreuung und Pflege der Eltern besonders herausfordernd, weil Rückzugsmöglichkeiten schwinden und die intensive Konfrontation mit Familienthemen und Krankheit uns tief bewegt und manchmal vor lauter Empathie und Entgrenzung selbst krank werden lässt - wenn wir nicht achtsam mit uns sind.

 

Schon seit Wochen arbeitet dieser Artikel in mir. Denn das Thema Betreuung und Pflege der Eltern ist auch mein Thema - bereits seit vielen Jahrzehnten und seit einigen Jahren verstärkt. Doch wie darüber schreiben, wenn ich mitten drin stecke und wenn es auch die Privatsphäre meiner Eltern zu schützen gilt?! Ich versuche es einfach und bin selbst gespannt, wie sich dieser Artikel gestalten wird. :-)

 

Wenn konträre Lebensentwürfe aufeinander prallen

Für mich liegt so viel Brisanz in der Begleitung meiner Eltern, weil wir komplett unterschiedlichen Lebensentwürfen folgen. Es treffen Spiritualität, gelebte Hochsensibilität und Intuition sowie eine Vorliebe für alternative, ganzheitliche Heilverfahren von meiner Seite auf die Rationalität, den bedingungslosen Glauben an die Schulmedizin und eine eher materialistische Weltsicht meiner Eltern aufeinander. Es begegnen sich meine Sehnsucht nach wahrhaftiger Begegnung und gelebten Gefühlen und das Bemühen meiner Eltern, stets die Fassung zu wahren und die Dinge nüchtern anzugehen.

 

Beide innere Haltungen haben ihre Wurzeln in ganz unterschiedlichen Lebenserfahrungen und sind absolut berechtigt, wenn auch nicht immer leicht zu kombinieren. Wir alle drei haben hart daran gearbeitet, ein inneres OK dazu zu finden. Zu erkennen: Da gibt es kein "richtig oder falsch", sondern ein "sowohl als auch". Und für jeden von uns führen andere Dinge zu anderen Zielen.

 

Was für mich in der so intensiven Begegnung mit meinen Eltern während akuter Krankheits- und Pflegephasen besonders herausfordernd ist und wie ich an diesen Herausforderungen wachse, liest du hier in einem bunten Mix. Fühle dich eingeladen, dir das herauszusuchen, was dich anspricht. Und gib bitte gern deine Erkenntnisse und Erfahrungen in den Kommentaren zum Besten. So können wir - du, ich und die anderen LeserInnen - voneinander profitieren und einander den Rücken stärken. 

 

Meine Erkenntnisse und Übungen für dich

 

Die Absicht macht's: Die Kunst der inneren Ausrichtung und Intention

 

Wenn ich zu meinen Eltern gehe, dann stimme ich mich positiv ein, damit wir einander liebevoll und frei von alten Gewohnheiten und emotionalen Verstrickungen begegnen können. So hülle ich mich in einen Kokon aus Licht und Liebe und setze die Intention, dass nur Licht und Liebe von mir zu meinen Eltern und von ihnen zu mir fließt. Dass wir schöne Erlebnisse miteinander teilen werden und wir alle mit einem Wohlgefühl oder wertvollen Erkenntnissen wieder auseinandergehen werden. 

 

Diese kleine feine Intention und Kraftübung lässt sich übrigens auf jede Begegnung in unserem Leben übertragen und empfiehlt sich für feinfühlige Menschen, die sich nach Begegnungen öfter einmal ausgesaugt fühlen. Siehe auch mein Artikel "Warum manche Begegnungen für Hochsensible so anstrengend sind" und der Artikel in meinem SpiritualLifeBlog "Wie dir Intentionen helfen, glücklich zu sein".

 

 

Jeder Mensch hat das Recht auf seinen eigen Lebensweg - auf sein Glück und auf sein Leid

  

Meine Eltern wählen ihren eigenen Lebensweg - mit jeder Entscheidung neu - genau wie ich. Und auch wenn ich Wege für meine Eltern zu erkennen meine, die schmerzfreier und leichter für sie wären - wenn sie sie nicht gehen möchten, dann habe ich das zu respektieren und zu akzeptieren. Es war keine einfache Aufgabe für mich, zu dieser Haltung zu finden. Denn oft rutschte ich in der Begegnung mit meinen Eltern in die Kinderrolle und hatte das für Kinder überwältigend große Bedürfnis, meine Eltern mit meiner Energie und meinen Tipps so zu stabilisieren, dass sie mir ein sicherer Hafen wurden.

 

Nun halte ich mich an die wertvolle Erkenntnis, dass ich nur mich selbst und meine innere Haltung ändern kann, nicht aber die meiner Eltern. :-) Und dass meine Eltern ein Recht auf ihr Leben, ihre Erfahrungen und auch ihr Leid haben! Denn ihr freier Wille ist oberstes Gebot.

 

 

Die Verantwortung für das eigene Leben bei den hilfsbedürftigen Menschen zu belassen,
ist Ausdruck großen Respekts und großer Liebe

 

Mit ihrem Recht auf ihr Leben belasse ich auch die Verantwortung für ihr Lebensglück, ihre Gesundheit und ihre Gefühlswelt bei meinen Eltern. 

 

Sollten deine Schultern einmal sehr schwer sein, dein Nacken verspannt oder dein Kreuz voller Schmerzen, so könnte es dir ergehen wie mir eine Zeit lang: Die Last der übernommenen Verantwortung für das Leben anderer lastet schwer auf dir. Gib die Verantwortung einfach zurück. Dafür reicht eine Fantasiereise oder deine bewusst gedachten oder gesprochenen Worte an dich selbst und den Kosmos, z.B. diese (passe sie gern deiner Sprache an, bis sie für dich rundum stimmig sind):

 

"Hiermit gebe ich alle Verantwortung, die ich versehentlich oder unbewusst für andere übernommen habe, an diejenigen zurück, zu denen sie gehört. Damit schenke ich denjenigen und ihren geistigen Helfern mein Vertrauen, dass sie ihren eigenen Aufgaben gewachsen sind und sie auf ihre Art und Weise meistern werden."

 

 

Voll in der eigenen Kraft zu sein, schenkt Frieden und Freiheit für alle Beteiligten

 

Die intensive Begegnung mit meinen Eltern konfrontiert mich immer wieder mit alten Verletzungen. Wie z.B. die, als hochsensibler Mensch nicht gesehen und erkannt, gefördert und respektiert worden zu sein. Das ist mir wieder und wieder, Zwiebelschale für Zwiebelschale Einladung, aus Schuldzuweisungen auszusteigen, mich im Jetzt und meiner heutigen Kraft und Freude einer erwachsenen Frau zu verankern und mir selbst voller Liebe und Eigenverantwortung das zu geben, was ich einmal vermisst habe. So schließe ich Frieden mit meiner Vergangenheit und befreie mich aus der Kinderrolle oder Opferrolle. Und ich erkenne, dass ich nicht mehr Kind, sondern erwachsene, eigenverantwortliche und liebevolle Frau bin.

 

Hierbei geht es natürlich auch um die Themen Mitgefühl und Verzeihen von beiden Seiten. Denn auch ich habe meine Fehler gemacht und meinen Eltern die ein oder andere knackige Herausforderung gestellt. Darüber schreibe ich demnächst noch einen eigenen Artikel.

 

 

Das Schöne und die liebevollen Begegnungen zu feiern, macht den Abschied leichter

und schenkt meinem inneren Kind Frieden und Freude

 

Der näher rückende Abschied von meinen Eltern ist wundervolle Einladung, all die schönen gemeinsamen Erlebnisse, all die erfahrene Liebe zu feiern und all die Fragen zur Familiengeschichte zu stellen, die mir wichtig sind. Das befreit mein inneres Kind und lässt es zu einem fröhlichen Sonnenkind werden. Außerdem schenken mir die Einblicke in die Familiengeschichte viele Erkenntnisse über mich. Und das ist sehr fein. Denn wie die meisten Hochsensiblen bin ich eine Erkenntnissammlerin. :-)

 

 

Focus the positive and the positive will come into your live

 

Innere Widerstände (z.B. gegen gemeinsame Arztbesuche bei Ärzten, die ich aus ganzheitlicher Sicht für maximal inkompetent halte ;-)) habe ich gelernt in eine für mich positive Challenge zu verwandeln (z.B. in dem ich mich innerlich für positive Überraschungen und inneres Wachstum in der Begegnung mit diesen Ärzten öffne).

 

 

Die Ehrlichkeit mit mir selbst und mit meiner Motivation schenkt mir Freiheit und Energie

 

Besonders intensiv durfte und darf ich meine Motivation erforschen: Was tue ich für meine Eltern aus Liebe und was tue ich aus Pflichtbewusstsein oder einem Gefühl von Schuld? Letzteres fühlt sich immer schwer und belastend an und schafft schlechte Stimmung zwischen uns. Das haben wir alle drei nicht verdient.

 

Und so darf ich mich immer und immer wieder für den Weg der Liebe entscheiden - für mich und meine Eltern. Und deshalb auch für ein klares "Nein" oder "Ja, unter der Bedingung dass", wenn es Not tut.

 

 

Ein Nein schafft wahrhaftige Harmonie, schenkt Sicherheit, Halt und Klarheit für alle Beteiligten

 

Nein-Sagen und Abgrenzung sind zwei Herausforderungen, die für die meisten Hochsensiblen knifflig sind. Nicht umsonst sind diese Webinare der Jahresgruppe für Hochsensible die beliebtesten. ;-)

 

Wir sind eine sehr kleine Familie, und ich war lange Zeit fast verschmolzen mit meiner Mutter und meinem Vater. Habe Muster und "Spielchen" (wie z.B. die Täter-Opfer-Retter-Spielchen) lange Zeit nicht erkannt und aus Gewohnheit einfach mitgespielt. Meine Grenzen, mein Ja oder Nein, wieder klar zu spüren und es offen auszusprechen, erfordert immer noch etwas Übung. Doch es gelingt immer besser und hilft uns allen. Schafft wahrhaftige Begegnungen und ehrliche Aussprachen. Schafft Harmonie, Sicherheit, Halt und Klarheit. Das ist zum Teil noch ein neues Erleben für mich und unerwartet schön anzufühlen. Ich bin dran. ;-)

 

 

Meine eigene Wahrheit auszusprechen, macht mich frei und schenkt ein Gefühl von Selbstwirksamkeit

 

Der eigenen Wahrheit treu zu bleiben, ist eine ähnlich große Herausforderung für mich gewesen. Einer oberflächlichen Harmonie zuliebe wurde in unserer Familie die eigene Wahrheit schon einmal unter den Teppich gekehrt. Auch von mir. Mit dem Ergebnis, dass die unausgesprochene Wahrheit zusammen mit aufgestauten Gefühlen an anderer Stelle Ventile suchte, die Stimmung in meiner Partnerschaft vergiftete oder sich autodestruktiv in meinem Inneren austobte und mich krank werden ließ.

 

Heute traue ich mich schnell und für Hochsensible oft untypisch spontan, manchmal auch zeitversetzt nach einem Überschlafen der Angelegenheit ;-), meine Wahrheit auszusprechen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass wir einander ehrlicher und klarer begegnen, sondern auch, dass viel weniger aufwühlende und aufgestaute Gefühle entstehen, die dann in mir, im Gespräch mit meinen Eltern oder an ganz anderer Stelle wie in meiner Partnerschaft herumbrodeln.

 

 

Es darf leicht gehen!

 

Und eine der wundervollsten Erkenntnisse ist: Es gibt immer überraschend einfache und für alle zuträgliche Lösungen, an die ich nie gedacht hätte - wenn ich mich für die Selbstliebe und die Leichtigkeit öffne. So oft war ich der Überzeugung, ich müsste so oder so handeln, meine Eltern bei dieser oder jener Aufgabe begleiten, sie auf die und keine andere Art unterstützen. Einfach weil das immer schon so war in unserer Familie oder weil das in unserer Gesellschaft so üblich ist. Und siehe da: Bin ich meiner Wahrheit treu geblieben, habe mein Unwohlsein ehrlich ausgesprochen, mein Nein zu etwas offen gelegt und gleichzeitig mein Ja für andere Wege signalisiert, tauchten überraschende Lösungen oder die Hilfe von Dritten auf oder meinen Eltern war es dann doch nicht so wichtig, dass bestimmte Aufgaben zeitnah von mir erledigt wurden. 

 

 

Ich bin mir selbst liebste Freundin und die Nummer 1 in meinem Leben

 

Ich darf glücklich und gesund sein, auch wenn es meine Eltern gerade nicht sind. 

 

Je mehr Pausen, Abstand und Ruhe ich habe, desto wertvoller und schöner wird die Zeit mit meinen Eltern.

 

Diese beiden Erkenntnisse und herrlichen Affirmationen brauchen wohl keine Herleitung, oder? ;-)

 

 

Jede Einladung zum Erkennen und Ablegen nicht mehr dienlicher Verhaltensweisen

und Überzeugungen ist willkommen

 

Meine Eltern spiegeln mir Verhaltensweisen, Denkmuster und innere wie körperliche Haltungen. Damit laden sie mich ein zu entscheiden, welche davon ich fortführen möchte und welche nicht. Nur sie können mir auf so intensive Weise den Spiegel vorhalten und schenken mir nun in Zeiten so großer Nähe die Chance, in kürzester Zeit so richtig aufzuräumen in meinem Leben. 

 

Und so bereinige ich mich nach jeder Begegnung mit ihnen (und vielen anderen Menschen) von den an die Oberfläche und ins Bewusstsein gerückten Mustern, Überzeugungen und körperlichen Symptomen, die nicht mehr zu meinem höchsten göttlichen Wohle sind und ersetze sie durch das, was ich in meinem Leben spüren und erleben möchte. Wie das geht, habe ich in meinem E-Book "Lebe frei!" für dich zusammengestellt.

 

 

Reinigung und energetische Sammlung sind egal in welcher Lebenssituation

"Pflichtübung" (besonders) für Hochsensible

 

Nach einer Begegnung mit meinen Eltern gebe ich ihnen all die Verantwortung und / oder Energien zurück, die ich versehentlich und unbewusst für sie übernommen habe, schicke ihnen meinen Dank, Licht und Liebe.

Gleichzeitig weise ich an, dass alle eigenen inneren Anteile, die ich versehentlich oder unbewusst bei ihnen, bei anderen, bei Aufgaben oder Dingen belassen habe, zu mir zurück und an den für sie bestimmten Ort in meinem Feld zurückkehren. Wenn du dir hierzu eine geführte Meditation wünschst, dann schau doch mal hier in meinem Shop.

 

 

Ich bin so gespannt zu lesen, wie es dir mit der Begleitung deiner Liebsten geht! Ob und was du aus diesem Artikel für dich mitnehmen kannst.

 

Alles Liebe, lebe deine zarte Stärke!

Deine Inga

Kommentare: 2
  • #2

    Inga Dalhoff (Montag, 27 Juli 2020 09:56)

    Liebe Sabina,

    was du schreibst, kenne ich auch. :-) Ich freue mich sehr, dass dir der Artikel dienlich ist und wünsche dir und deiner Mutter ganz viel Kraft und auch viele Momente der Freude und Leichtigkeit.

    Alles Liebe, deine Inga

  • #1

    Sabina (Mittwoch, 22 Juli 2020 12:25)

    Liebe Inga, dein Artikel ist mir Trost und Mutmacher zugleich. Die wichtigste Erkenntnis ist für mich, aus der Kinder-und Opferrolle auszusteigen im Umgang mit meiner schwerkranken Mutter. Die Liebe und Geborgenheit, die ich als Kind nicht in der für mich ausreichenden Weise erfahren habe, kann ich mir nun als erwachsene Frau selbst geben. Auch dass ich die Verantwortung an sie zurück geben darf, entlastet mich sehr. Lange Zeit hatte ich das Gefühl, kein Recht mehr auf ein eigenes Leben zu haben, solange es ihr so schlecht geht. Aber dies gestehe ich mir nun zu, auch wenn sie es nicht ganz zu akzeptieren scheint. Damit geht es mir viel besser. Also herzlichen Dank für diesen wundervollen Artikel!